Reviews

Preis der Deutschen Schallplattenkritik for Martinů: The Greek Passion

Schon vom Stoff her ist dies das Werk der Stunde: eine zeitgenössische Volksoper, die mit politischem Zeigefinger ins Hier und Heute weist. [...] Der Grazer Live-Mitschnitt führt dieses Drama lebhaft vor [...].

Beschaulich, schön. Das Ensemble dolce risonanza mit "Vesperae"

"Das Ensemble dolce risonanza mit "Vesperae"

Eine klangvolle Erinnerung an einen eher vergessenen Teil barocker Musik: Es geht um Pater Alberich Mazak (1609-1661), der als Kantor und Organist im Stift Heiligenkreuz tätig war. In seinem Cultus harmonicus hat er Stücke auch für die feierliche Gestaltung des Abendlobs, der Vesper, veröffentlicht. Das Wiener Ensemble dolce risonanza hat nun eine Vesper (aus 1649) rekonstruiert und diese gemeinsam mit den Mönchen im Stift Heiligenkreuz aufgenommen (OehmsClassics). Gregorianische Choräle hört man da neben Mazaks meditativen Stücken, und das Ganze atmet jene beschauliche Schönheit, die seinerzeit auch auf Kaiser Ferdinand III. (der sich ebenfalls als Musiker und Komponist betätigt hatte) Eindruck gemacht haben muss. Einige von Mazaks Stücken wurden jedenfalls auf kaiserlichen Wunsch in der Wiener Hofkapelle aufgeführt. Der Ö1-Pasticcio-Preis - vergeben in Kooperation mit dem STANDARD und Musikredakteur Ljubisa Tosic als Jurymitglied - geht somit im Dezember an diese edle "Vesperae"-Einspielung."

Gregorianische Choräle hört man da neben Mazaks meditativen Stücken, und das Ganze atmet jene beschauliche Schönheit, die seinerzeit auch auf Kaiser Ferdinand III. (der sich ebenfalls als Musiker und Komponist betätigt hatte) Eindruck gemacht haben muss. Einige von Mazaks Stücken wurden jedenfalls auf kaiserlichen Wunsch in der Wiener Hofkapelle aufgeführt. Der Ö1-Pasticcio-Preis - vergeben in Kooperation mit dem STANDARD und Musikredakteur Ljubisa Tosic als Jurymitglied - geht somit im Dezember an diese edle "Vesperae"-Einspielung. - derstandard.at/1324501108946/Pasticcio-Preis-Beschaulich-schoenGregorianische Choräle hört man da neben Mazaks meditativen Stücken, und das Ganze atmet jene beschauliche Schönheit, die seinerzeit auch auf Kaiser Ferdinand III. (der sich ebenfalls als Musiker und Komponist betätigt hatte) Eindruck gemacht haben muss. Einige von Mazaks Stücken wurden jedenfalls auf kaiserlichen Wunsch in der Wiener Hofkapelle aufgeführt. Der Ö1-Pasticcio-Preis - vergeben in Kooperation mit dem STANDARD und Musikredakteur Ljubisa Tosic als Jurymitglied - geht somit im Dezember an diese edle "Vesperae"-Einspielung. - derstandard.at/1324501108946/Pasticcio-Preis-Beschaulich-schGregorianische Choräle hört man da neben Mazaks meditativen Stücken, und das Ganze atmet jene beschauliche Schönheit, die seinerzeit auch auf Kaiser Ferdinand III. (der sich ebenfalls als Musiker und Komponist betätigt hatte) Eindruck gemacht haben muss. Einige von Mazaks Stücken wurden jedenfalls auf kaiserlichen Wunsch in der Wiener Hofkapelle aufgeführt. Der Ö1-Pasticcio-Preis - vergeben in Kooperation mit dem STANDARD und Musikredakteur Ljubisa Tosic als Jurymitglied - geht somit im Dezember an diese edle "Vesperae"-Einspielung. - derstandard.at/1324501108946/Pasticcio-Preis-Beschaulich-schoen

Korngold, Conus: Violin Concertos. Thomas Albertus Irnberger, Israel Symphony Orchestra

" [...] Thomas Albertus Irnberger [...] spielt dieses Konzert mit einem so feinen Ton, so kammermusikalisch intim, als ob er der Musik von vornherein jedes auftrumpfende, oberflächlich breitwandige Element fernhalten wollte. Hier muss man eben doch noch einmal auf den Filmmusikvorwurf kommen, da auch die Begleitung durch das Israel Symphony Orchestra unter Doron Salomon so betont differenziert gehalten, so schlüssig von den Einzelstimmen her aufgefasst ist, dass sich gar keine Konnotation von Hollywood-Pauschalität einstellen kann. Dies ist eine neue Referenzaufnahme dieses in den letzten Jahren voll rehabilitierten Stückes.

Besonderes Interesse beansprucht auf diesem Album auch das beigegebene Violinkonzert Jules Conus [...]; Irnberger spielt es mit höchster Konzentration, bei aller Brillanz eher nach innen gewandt, und tut ihm dadurch einen großen Dienst. Den besten Eindruck hinterlässt auch das außerordentlich plastische Klangbild: Dieses Album sollte man hören."

Die Suche hat sich gelohnt — Robert Stark, Clarinet Concertos, Dimitri Ashkenazy

Der Klarinettist Dimitri Ashkenazy hat Werke von Robert Stark ausgegraben und damit das Repertoire für Klarinette um einige sehr schöne Stücke erweitert.Zugegeben, Robert Stark ist nicht unbedingt ein geläufiger Name. Selbst wenn er unter Berufsmusikern wohl dank seiner Lehrwerke eine gewisse Bekanntheit besitzt, so sind seine Klarinettenkonzerte und kammermusikalischen Kompositionen dennoch weitgehend unbekannt. Auf der Suche nach neuem Material hat aber schon mancher Interpret wahre Schätze ausgegraben, um den einfallslosen Wiederholungen des immergleichen Repertoires zu entkommen. Im Hinblick auf die Klarinette muss man hingegen zugutehalten, dass es wenigstens das Mozart‘sche Standardkonzert gibt, das immerhin noch recht häufig aufgeführt wird. Andere Geschwister aus den Reihen der Blasinstrumente haben es da oft noch schwerer, als Solisten im Konzertprogramm einen Platz zu finden.

Im Falle dieser Einspielung muss man Dimitri Ashkenazy für seinen unermüdlichen Einsatz um diesen Komponisten loben: Nachdem er zufällig auf Robert Stark aufmerksam wurde, hat er sich über mehrere Jahre auf die Suche nach dessen Klarinettenwerken gemacht. Das Ergebnis ist die vorliegende CD mit vier Werken für Klarinette und Orchester.

Das eröffnende Konzert für Klarinette und Orchester Nr. 2 in F-Dur op. 13 ist mit seiner nahtlosen Satzfolge das längste Stück der Aufnahme. Starks Vorliebe für lange, lyrische Passagen wird schnell deutlich. Das Konzert beginnt mit einem warmen Waldhörnerchoral, der unweigerlich Assoziationen an Webers 'Freischütz' aufkommen lässt. Nach dem kurzen Vorspiel setzt die Klarinette ein und beherrscht von da an das musikalische Geschehen. Stark lässt sich viel Zeit, entwickelt lange Linien, baut eine wunderschöne Harmonik und kostet die Stärken der Klarinette voll aus. Nach einer Weile wirkt die Musik etwas flach, scheint träumend vor sich hin zu dümpeln. Aber dann kommt schon ein neuer Gedanken, und Stark führt die Musik elegant in einen neuen Abschnitt.

Es folgen ein kurzes Walzer-Capriccio mit unbeschwert-fröhlichem Charakter sowie die Romanze für Klarinette und Orchester op. 1. Nach einer kitschig anmutenden Einleitung moduliert die Klarinette über diverse Akkordbrechungen zum Hauptthema, das von da an vorherrschend bleibt. Die an sich sehr hübsche Melodie wird von meist recht einfach gehaltenen höfischen Tanzmotiven begleitet, ohne originelle Kontrapunktik. Wie auch schon beim zweiten Konzert, schafft es Stark der Musik dann einen neuen Impuls zu geben, wenn sie in die Eintönigkeit abzurutschen droht.

Beim dritten Konzert in d-Moll op. 50 erkennt man hingegen bereits eine deutliche kompositorische Weiterentwicklung: Der sich langsam aufbauende Mollklang am Anfang schafft eine mysteriöse Atmosphäre. Stark springt hier nicht mehr direkt ins Geschehen, sondern baut langsamer auf und schafft dadurch größere Spannung. Das Konzert weist generell ein höheres Maß an Dramatik und einen versierteren Orchestereinsatz mit deutlicher Kontrapunktik auf. Auch wenn er sich im zweiten Satz wieder ganz seinen scheinbar endlosen, lyrisch-schwebenden Melodielinien hingibt, so zeigt er im dritten Satz eine bis dahin ungewohnt feurige Seite. In wilden Kapriolen führt die Klarinette das Konzert zum virtuosen Finale.

Hervorzuheben bleibt natürlich auch Dimitri Ashkenazys überzeugende Interpretation. Mit seinem volltönenden Klang und seinem sauberen, aber dennoch menschlich-atmendem Spiel, ist er sicherlich auch ein großer Gewinn für diese Werke. Hervorragend begleitet wird er von den Hamburger Symphonikern unter David Curtis. Robert Starks Musik ist nicht nur sehr gefällig, sondern bietet einen wundervollen Melodienreichtum. Auch wenn er erst 1847 geboren wurde, klingt seine Musik größtenteils doch eher frühromantisch. Er mag sicherlich nicht der innovativste Komponist sein, aber dennoch schreibt er originell und hat das überschaubare Klarinettenrepertoire um einige liebevolle Stücke erweitert.

Klingendes Bild

Einige der Bußpsalmen von Orlando di Lasso, von einem nach zeitgenössischer Darstellung geformten Ensemble sehr differenziert und farbenreich geboten.

Präzises über die Musik früherer Jahrhunderte, deren Aufführungspraxis, über die Ausführenden, über verwendete Instrumente, genutzte Spieltechniken zu erfahren, ist nicht immer einfach. Gerade für Zeiten, in denen auf Dauer angelegte Verschriftlichung kein selbstverständliches Ziel war, gilt das, etwa für die Renaissance. Am ehesten geben Rechnungen, Verträge oder Urkunden besonderer Ereignisse manchen Aufschluss. Um aber aus dem Reichtum gelebten Lebens schöpfen zu können, sind historische Musikforscher auch auf andere Felder verwiesen, etwa die Ikonografie. Nicht selten liefern zeitgenössische Darstellungen glaubhafte Argumente für bestimmte Annahmen, exemplarisch nachzuvollziehen in Andrew Parrotts Erwägungen zu Johann Sebastian Bachs Chor.

Auch für die aktuelle vorliegende Platte der beiden Formationen Profeti della Quinta und dolce risonanza hat das einigen Belang: Für ein exklusives Programm mit einigen der großen Bußpsalmen von Orlando di Lasso hat Bernhard Rainer sich eine bildliche Darstellung genauer angesehen, die der Münchner Hofmaler Hans Mielich zu jener Prachthandschrift beigesteuert hat, in der Herzog Albrecht V. Orlandos edle Musik für Jahrzehnte als von den Zeitgenossen allenfalls von Ferne bewunderte Musica Secreta bewahrte. Solcherlei Darstellungen lassen sich bei entsprechender Expertise mit Gewinn danach befragen, wie es denn gewesen ist. Welche Instrumente erklangen, in welchen Konstellationen, was geben typische Haltungen über Spielweisen preis, kann man gar auf das der bildlichen Darstellung zugrundeliegende Repertoire schließen? Gewiss, in manchem der Punkte wird  man vermutlich nie letzte Sicherheit erlangen. Aber diese Vorgehensweise hilft doch, besonders plausiblen Lösungen näherzukommen.

Das gilt gerade in einem Repertoire, das heute als einigermaßen vertraut angesehen werden kann und das im 20. Jahrhundert seinerseits eine gewisse Tradierung in der Rezeption erfahren hat. Das hieß im Fall der Bußpsalmen ganz überwiegend: Einige Größe und klangliche Pracht waren feste Parameter. Bernhard Rainer und der künstlerische Leiter des Ensembles dolce risonanza, Florian Wieninger, wenden sich zunächst von übergroßen sakralen Räumen ab und spielen die Musik dort, wo sie historisch hingehört – in einem kammermusikalisch dimensionierten Saal. Dann werden, im Zusammenspiel der Informationen aus Mielichs Bild und den schriftlichen Überlieferungen eines Altisten der Münchner Hofkapella aus der fraglichen Zeit, die wahrscheinlichen instrumental-vokalen Konstellationen geformt: Fünf Streicher stützen die Vokalstimmen; hinzu tritt ein ‚stilles Consort‘ aus stillem Zink, Traversflöte, Cornamuse – ein Windkapselinstrument mit indirekt angeblasenem Doppelrohr –, Bassblockflöte und Bassposaune. Passagen mit ausgewählten Stimmen, den ‚scelte voci‘, werden von Laute und Virginal unterstützt. Die Schlusswirkungen werden, auch das ist der Anordnung der bildlichen Darstellung zu entnehmen, um den Klang eines krummen Zink, einer weiteren Violine und eines Racketts bereichert. Auch letzteres ein hochinteressantes Instrument: Als direkt angeblasenes Doppelrohrblattinstrument von äußerst überschaubarer, büchsenähnlicher Form erreicht es seine klangliche Wirkung im Wesentlichen dadurch, dass die Luftsäule auf Grund der Windungen im Innern des Instruments neunfach verlängert ist. Michael Praetorius empfiehlt das Rackett in seinem ‚Syntagma musicum‘ als charmante Beimischung eines vielgestaltigen Bassklangs, was tatsächlich einen feinen Effekt ergibt, wie die klingenden Ergebnisse der aktuellen Platte zeigen.

Eine Theorie, die in der Praxis bestens funktioniert

Man ahnt es: Orlando di Lassos Bußpsalmen erzielen, so instrumentiert, einen ganz besonderen Reichtum an Farben. Das explizieren die famosen Instrumentalisten von dolce risonanza ganz vorzüglich, beweglich in der linearen Gestaltung, durchsichtig im Ensembleklang, agil, ja behände. Ein Eindruck, der noch dadurch verstärkt wird, dass dem Geschehen ein betont ruhiger musikalischer Puls zugrundeliegt, der freilich an keiner Stelle zu Langeweile führt. Denn Florian Wieninger gibt den Instrumentalisten immer wieder Raum zu filigraner Auszierung, zu spielerisch in die Linien integriertem Schmuck. Das geschieht unaufdringlich, so tatsächlich bereichernd, nie überladen wirkend. Auch die sechs Vokalisten der Profeti della Quinta sind immer wieder aufgefordert, sich auf diese freie Weise den musikalischen Raum zu erobern – was freilich nicht in allen Stimmen gleichermaßen überzeugend gelingen will, ist die technische Basierung dieser gestischen Behändigkeit doch enorm herausfordernd. Von diesem kritischen Befund abgesehen ist eine bemerkenswerte Formation zu erleben. Die sechs Herren formen vom Diskant bis zum Bass ein charaktervolles Ensemble mit interessanten, durchaus individuellen Einzelstimmen. Besondere Erwähnung verdienen die Diskantisten Doron Schleifer und David Feldman, die sich nicht nur mit klarem Glanz, sondern auch mit bemerkenswerter, perfekt intonierter Leichtigkeit positionieren und in ihrer klanglichen Anmutung tatsächlich gelegentlich an Frauenstimmen gemahnen. Der Bassist Elam Rotem scheint dagegen in manch großer Schlusswirkung sein körniges Organ eins mit dem wirklich charmanten Rackett werden zu lassen.

Das Klangbild der in der Bernardikapelle des österreichischen Stifts Heiligenkreuz entstandenen Einspielung ist dem kammermusikalischen Ideal des Ansatzes hörbar verpflichtet, ist klar, durchscheinend, ein feines Abbild der vielen instrumentalen Farben. Bei schlanker Disposition ist es sehr gut balanciert und gestaffelt. Im Booklet informieren Florian Wieninger und Bernhard Rainer überzeugend über Musik und interpretatorisches Konzept, begleitet von einer Reihe angesichts der Vielfalt der erklingenden Instrumente durchaus instruktiven Fotos.

Orlando di Lassos großartige Bußpsalmen goutieren diesen reflektierten Zugriff nicht nur, sie scheinen an Farbigkeit und Vielschichtigkeit im Vergleich mit größer dimensionierten Ansätzen noch dazuzugewinnen. Eine nicht nur musikalisch, sondern auch in ihrem bemerkenswerten Ansatz sehr erfreuliche Platte.